03.03.2025 Mobile Networks
5G Nutzungs-Szenarien
3GPP hat im Rahmen der 5G Standardisierung und Evolution das Ziel, mit 5G Mobilfunk verschiedensten Anwendungen Konnektivität zu bieten. Man könnte auch sagen: 5G soll der eine Funkstandard für alle Anwendungen und Anwender sein.

Im Wesentlichen sehen wir in 5G drei Service-Klassen: Enhanced Mobile Broadband (eMBB), Ultra-Reliable and Low Latency Communication (URLLC) sowie Massive Internet of Things (MIoT). Diese unterscheiden sich diametral u. a. hinsichtlich Datenrate, Latenzzeiten, Reichweite, Gerätedichte und Energiebedarf.
Hochwertige 5G Endgeräte für eMBB stehen zur Verfügung. Der URLLC Bereich entwickelt sich langsam und für Maschinenkommunikation/Massive IoT wurden mit 3GPP Release 16 die schon zu LTE-Zeiten in Release 13 & 14 entwickelten Features NB-IoT sowie LTE-M in 5G integriert.

Das fehlende Puzzle-Teil
Scheinbar decken Massive IoT, eMBB und URLLC den gesamten Mobilfunk-Anwendungsbereich ab. Bei genauerem Hinsehen sowie Vergleich mit LTE stellen wir allerdings fest, dass eine Lücke zwischen diesen drei Technologie-Bereichen klafft. Dies betrifft Anwendungen, die nicht die volle Performance und teilweise extremen Anforderungen der Technologie-Bereiche eMBB, Massive IoT oder URLLC erfordern, sondern dazwischen liegen.
Es geht um solche Services, die weder extrem hohe Datenraten noch sehr hohe Reichweiten oder ultra-kurze Latenzzeiten benötigen und quasi den „Mittelklasse-Bereich" darstellen. Wir benötigen also eine Technik, die ähnliche Leistung und Preisniveau bietet wie einfaches LTE (Endgeräte-Kategorien 1 – 4) und zusätzlich hohe Energie-Effizienz mit sich bringt.
Schon 2019 wurde eine 3GPP Studie gestartet mit dem Titel: "Low complexity NR devices", um diese Lücke zu schließen. In 3GPP Release 17 und 18 wird schließlich das 5G Feature RedCap genau zu diesem Zweck spezifiziert.

RedCap steht für Reduced Capability
Der Begriff RedCap hört sich erst einmal sehr flott nach einer farbigen Kopfbedeckung an, steht aber eigentlich unspektakulär für „Reduced Capability“, also reduzierte Fähigkeiten. Und genau darum geht es auch bei 5G RedCap: Endgeräte, die im Gegensatz zu den sehr hochwertigen 5G Geräten des Consumer-Marktes deutlich reduzierte Fähigkeiten aufweisen, um ein niedrigeres Preisniveau erreichen zu können.
RedCap für 5G natives Broadband IoT
Initial liegt der Fokus von 5G RedCap auf dem vergleichsweise großen Broadband-IoT-Markt. Schätzungen gehen von einem 60% Anteil von Broadband IoT am gesamten IoT Markt aus – das waren 2024 ca. 2 Milliarden Endgeräte.
Aktuell wird dieser versorgt mit LTE-Endgeräten der Kategorien Cat-4 und Cat-1. RedCap wird benötigt, um preisgünstiges 5G natives Broadband IoT in 5G-Standalone-Netzwerken zu ermöglichen, u. a. auch für Private 5G Netzwerke. 3GPP nennt als Anwendungsbeispiele für RedCap (TR 38.875) industrielle Funk-Sensoren, Video-Überwachung und Wearables.
5G RedCap Devices sollen weniger kosten, kleiner sein und einen geringeren Energie-Verbrauch aufweisen als konventionelle 5G Devices. Gegenüber ihren LTE-Äquivalenten (Cat-1 & Cat-4) sollen sie sich durch kürzere Latenzzeiten, geringeren Energieverbrauch sowie höherer Spektraleffizienz auszeichnen.

5G RedCap & eRedCap
Die Standardisierung von 5G RedCap beginnt in 3GPP Release 17 und wird als enhanced RedCap (eRedCap) in Release 18 fortgeführt. RedCap soll hinsichtlich seiner Peak Raten ein Äquivalent zu der überaus erfolgreichen und weitverbreiteten LTE Cat-4 sein, eRedCap soll die 5G Fähigkeiten weiter einschränken und damit ein Äquivalent zur LTE Cat-1 und Cat-1bis (wie Cat-1, aber mit Energiespar-Modus und lediglich einer Antenne) sein.
Überblick: reduzierte Fähigkeiten von RedCap
Zentraler Aspekt der reduzierten Fähigkeiten von 5G RedCap ist die Bandbreite und damit verbunden die Peak Rate. RedCap (Rel. 17) reduziert die Bandbreite auf maximal 20 MHz. Hiermit lassen sich theoretisch Peak Raten bis 227 Mbps im Downlink und 91 Mbps im Uplink erzielen. eRedCap (Rel. 18) reduziert die Bandbreite auf 5 MHz, um eine Peak Rate von 10 Mbps zu erzielen. Geringere Peak Raten bedeuten kleinere Speicher und weniger leistungsfähigere CPUs – also letztlich geringerer Preis.
Ein weiterer Punkt, an dem sich Kosten einsparen lassen, sind die Antennen. Statt, wie in 5G üblich, vier Sende/Empfangs-Antennen im Endgerät einzusetzen, werden in 5G RedCap-Geräten in der Regel nur zwei Antennen, in eRedCap-Geräten nur eine Antenne verbaut. Dies bedeutet auch eine Begrenzung der mittels MIMO parallel übertragbaren Datenströme von vier auf zwei bzw. einen. Weniger Antennen/MIMO, das spart Platz und reduziert die Kosten und den Rechenaufwand.
Weitere Reduktion ist bei den Modulationsverfahren angesagt: Einfachere Modulationsverfahren erlauben ebenfalls einfachere und preiswertere Endgeräte.
Höherwertige Mechanismen wie Multicarrier-Betrieb und Dual-Connectivity sind bei 5G RedCap Equipment ebenfalls nicht vorgesehen. Auch die Anzahl der unterstützten Frequenzbänder wird in der Regel deutlich geringer sein als bei konventionellem 5G Endgeräten. Optional kann bei eRedCap-Geräten auch auf Vollduplex verzichtet werden und stattdessen Halbduplex genutzt werden. Dies spart den Duplexfilter ein.
Um Energie zu sparen und ggf. autonom mit Batteriebetrieb arbeiten zu können, werden in (e)RedCap die Power Save Mode (PSM) sowie extended Discontinuous Reception (eDRX) ermöglicht. PSM und eDRX werden von NB-IoT und LTE-M übernommen. Weitere Energiesparmaßnahmen wie Wake Up Signals (WUS) und Low Power Wake Up Receiver (LP-WUR) wurden zusätzlich mit Rel. 17 sowie Rel. 18 ergänzt.

5G RedCap als Gamechanger?
5G RedCap ermöglicht energiesparende und kostengünstige 5G Endgeräte für Broadband IoT. Aktuell gehen Prognosen von einer Verdopplung des Broadband IoT Marktes bis 2030 auf bis zu 4 Milliarden Endgeräte aus, wobei fast eine Milliarde Endgeräte auf RedCap entfallen könnten. Erste RedCap Module (Rel. 17) kamen Ende 2024 auf den Markt.
Sollten sich diese Prognosen bewahrheiten, dann könnte das nicht nur relevant für den Bereich Broadband IoT sein. RedCap könnte auch in den Consumer-Markt eindringen, um dort einen Low-Price-Markt für 5G Smartphones zu ermöglichen. Damit würde das letzte Alleinstellungsmerkmal für LTE entfallen. 5G bietet dann alles, was LTE auch bietet und sehr vieles darüber hinaus. Erste Netzbetreiber könnten Anfang der 2030er Jahre dann ernsthaft über ein Abschalten des LTE Netzbetriebes nachdenken.
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